Eine mir bisher unbekannte, belgische Autorin hat hier eine kuriose Lobeshymne auf den Champagner geschrieben. Schon im ersten Satz verfällt man in einen Rausch:
„Einen Rausch sollte man nicht improvisieren. Sich zu betrinken ist eine Kunst, die Talent und Sorgfalt erfordert.“
Da hört ihr es! Darum geht es im gesamten Werk. Und weil es
zu zweit viel mehr Spaß macht, sucht sich Amélie (ja, die Autorin ist selbst
die Ich-Erzählerin im Roman) eine Saufkumpanin. Diese findet sie nach einigem
hin und her in der jungenhaft aussehenden, aufstrebenden Schriftstellerin
Petronille Fanto.
Gemeinsam erleben sie feuchtfröhliche Stunden. Aber wie das
immer so ist, bringt der Alkohol auch ihr wahres Ich zum Vorschein. Petronille
lässt zum Beispiel oft ihre Arbeiterklasse und burschikoses Verhalten
raushängen und eckt damit in feineren Gesellschaften an. Trotzdem entsteht eine
jahrelange Freundschaft, die nur überlebt, wenn ab und zu mal Funkstille
herrscht. Denn sie ist auf wackligen Champagnerflaschen gebaut, die die gute
Laune schnell in bitterbösen Streit umschlagen lassen können.
Diese ambivalente Freundschaft, die vom Trinken abhängig
ist, zieht uns Leser in ihren Bann. Fasziniert verfolgt man ihre Spuren und
hat mit jeder Seite mehr Lust, dabei ein Glas Champagner zu trinken.
Aber ist diese besondere Freundschaft überlebensfähig?
Nachdem Petronille über ein Jahr lang die Wüste durchwandert hat, scheint es,
als ob die Freundinnen wieder glücklich vereint wären. Am Ende wartet jedoch
eine böse Überraschung!
Ein tiefsinnger Roman über Freundschaft und die Freude am
Champagner trinken. Für mich war das eine herrliches, abwechslungsreiches Thema
und ich wollte das dünne Büchlein gar nicht mehr aus der Hand legen. Ich würde
es am liebsten sofort all meinen Freundinnen schenken.
In diesem Sinne, genießt den letzten Osterfeiertag noch mit
einem Glas Sekt und lasst euch die wunderbare Sprache von Amélie Nothomb auf der
Zunge zergehen:
„Er [Champagner] erhebt die Seele in einen Zustand, der einst, als dieses schöne Wort noch Geltung besaß, dem Edelmann eigen gewesen sein muss.“ (S. 6)
Prost!
Madeleine
Die Kunst, Champagner zu Trinken
Amélie Nothomb
Roman, Hardcover Leinen, 144 Seiten
Erschienen im März 2016 im Diogenes Verlag
ISBN 978-3-257-06961-7
€ (D) 20.00
Was für eine schöne Rezension! Amélie Nothomb gelingt es selbst auf kleinstem Raum immer, den Leser völlig in ihren Bann zu ziehen :)
AntwortenLöschenAlles Liebe, Charlotte
Hallo Charlotte,
Löschendanke schön :) Kannst du andere Werke von Amélie Nothomb empfehlen? Das war nämlich das erste, was ich von ihr gelesen habe.
LG M.