Huch, wie die Zeit vergeht... Schon wieder zu spät dran mit dem Lesetipp, sorry :)
Dafür habe ich diesmal ein ganz besonderes Schmankerl ausgesucht und auch gleich in meinem Urlaub gelesen: "Der Schaum der Tage" von Boris Vian. Falls euch das nichts sagt, wundert euch nicht - bis vor kurzem hatte ich auch noch nie davon gehört.
Eckdaten zum Autor:
Endlich mal wieder ein französischer Autor, die werden ja leider von uns etwas vernachlässigt. Boris Vian wurde 1920 in Ville d'Avray, einem Pariser Villenvorort, geboren. Er war bis 1947 Ingenieur und gründete nebenbei eine Amateurjazzband. Jean-Paul Sartre gehört zu seinen Föderern. Dank ihm erschienen 1946/47 Vians erste Romane. Ab dann widmete er sich der Schriftstellerei und der Jazzmusik. Er war Autor, Trompeter, Chansonnier, Schauspieler, Übersetzer und Leiter der Jazzplattenabteilung bei Philipps. Vian starb 1959 in Paris.
- 1946: Der Schaum der Tage (L'Ecume des jours)
Inhalt:
Der junge Colin führt ein wohlhabendes Leben. Ihm steht genügend Geld zur Verfügung, um nicht arbeiten zu müssen. Seine einzige Sorge ist, sich zu verlieben und die Frau fürs Leben zu finden. In seinem Bekanntenkreis trifft er auf die wunderschöne Chloé. Sein Glück scheint perfekt zu sein und seine Freunde Chick, Alise und Koch Nicolas freuen sich mit ihm. Doch nach der Hochzeit wird Chloé schwer krank. Eine Blume wächste in ihrer Lunge. Colin verwendet sein ganzes Geld für die Heilung seiner Chloé. Als er nichts mehr hat, muss er sogar arbeiten gehen. Auf kuriose Art wird auch seine Wohnung immer kleiner. Die Wände rücken tatsächich zusammen, die Gänge werden immer enger und dunkler. Eine trostlose und auswegslose Situation. Auch seinem Freund Chick ergeht es nicht besser. Er verwendet alles Geld, das er in die Finger bekommt, für den Kauf von Büchern von Jean-Sol Partre. Ihr habt richtig gemerkt, das ist eine Anspielung auf Jean-Paul Sartre. Chick hat nichts anderes im Kopf als seine Sammelwut. Als er seine Steuern nicht mehr bezahlen kann, kommt die Polizei und bringt ihn um. Gleichzeitig rennt seine Freundin Alise durch die Stadt und setzt jede Buchhandlung in Brand, die von Chicks Sammelwahnsinn profitiert hat. Am Ende bricht Chaos aus... und das einzige was geblieben ist, ist die sprechende Maus :)
Unsere Meinung:
Ihr habt sicherlich schon an der Beschreibung des Inhaltes gemerkt, dass dies kein normaler Roman ist. Die Geschichte ist in einem surrealen Stil geschrieben. Genau das fand ich schön daran. Denn es ensteht eine unheimlich poetische Bildwelt: sprechende Mäuse, lebendige Jesusgestalten am Kreuz in der Kirche, Blumen, die im Körper blühen, und mein absolutes Lieblingsstück: das Pianocktail!!! Das Pianocktail mischt einen Cocktail, wenn man eine Melodie auf der Klaviertastatur spielt. Der Cocktail schmeckt dann wie die Melodie! Ist doch super phantastisch, oder? Ich hatte riesen Spaß diese Passage zu lesen!
Zu dieser Welt kommen außerdem umgekehrte Wertvorstellungen hinzu: Leute mit Geld, die nicht arbeiten müssen, und Intellektuelle wie Professoren sind weniger angesehen als Leute mit ehrenhaften Berufen wie zum Beispiel ein Profikoch. Ihnen gebührt das Ansehen der ganzen Familie. Was anfangs vielleicht kurios oder befremdlich erscheinen mag, führt am Ende zu einem großen Lesevergnügen.
Der kurze Roman ist eine wunderbar traurige Liebesgeschichte und besticht vor allem durch seine kreative Sprache und Ausdrucksweise. Ich würde es jederzeit nochmal lesen! Aber da es davon auch eine Verfilmung gibt, will ich demnächst einen Vergleich anstellen und hier nochmal ein paar Worte zum Film vs. Buch sagen.
Bis dahin,
Madeleine
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